Das große römische Reich erstreckte sich von den britischen Inseln bis Nordafrika, von der Atlantik-küste bis Persien. In der westlichsten Provinz dieses riesigen Staatsgebildes, dem heutigen Spanien, kam der hl. Laurentius zur Welt. Früh scheint es ihn in die Hauptstadt des Reiches verschlagen zu haben, wo er mit der Christengemeinde in Kontakt kam und bald eine wichtige Aufgabe übernahm. Als Erzdiakon wurde er nämlich ein enger Mitarbeiter von Papst Sixtus II. (257-258). Ähnlich wie in den Tagen der Apostel verwaltete er (“Diakon” = griech: Helfer, Diener) die Güter der Christengemeinde, und zwar mit einen einzigen Zweck: der Versorgung der Armen (vgl. Apg 6,1-7).
Als unter Kaiser Valerian die Verfolgungswelle über die Christen rollte, galt das Interesse des Kaisers auch den Schätzen der Kirche. Laurentius, so der Befehl, möge sie “herausrücken”, und er erschien mit einer Schar von Kranken, Krüppeln und Armen vor dem Kaiser.
Da dies eine Blamage für den Herrscher darstellte, und da Laurentius nicht von seinem Glauben an Jesus Christus abzubringen war, wurde er zum Tod verurteilt. Auf grausame Weise musste er sterben: Auf einem Rost wurde er gebraten, bis er dieser Folter erlag. Deshalb wird der Heilige fast immer mit dem Rost als seinem Marterwerkzeug dargestellt. Daher verehren ihn die Köche, Konditoren und Bierbrauer als ihren Berufspatron.
Laurentius erlitt das Martyrium am 10. August 258.Da der Todestag für die Heiligen gleichsam der “Geburtstag” für den Himmel ist, steht St. Laurentius am 10. August im Kalender.
Das Datum hat seine Bedeutung im bäuerlichen Arbeitsjahr, besonders als Orientierungspunkt für das Wettergeschehen, es ist aber auch in historischer Hinsicht von Belang: Am 10. August 955 besiegte Kaiser Otto d. Gr. in der Schlacht auf dem Lechfeld bei Augsburg das Heer der Magyaren und stoppte damit das plündernde und brandschatzende Voranschreiten dieses Volkes aus dem Osten. Der Sieg wurde auch der Fürbitte des Tagesheiligen zugeschrieben. Das war in weiterer Folge Anlass, viele der damals im ganzen Reich neu entstandenen Kirchen dem hl. Laurentius zu widmen. Die Lenzinger Kirche könnte in dieser Welle der Laurentius-Verehrung, also vor gut 1000 Jahren entstanden sein und gehört damit auf jeden Fall zu den ältesten Gotteshäusern der Umgebung.
Es ist aber ein noch höheres Alter denkbar: Über dem Grab des hl. Laurentius wurde nach dem Frei-werden des Christentums im 4. Jahrhundert eine Kirche errichtet, die zu den sieben Hauptkirchen Roms zählt. Und zusammen mit dem hl. Stephanus, dessen Gebeine ebenfalls dort ruhen, ist Laurentius Stadtpatron von Rom. Als das alte römische Reich noch bestand und die Römer auch in unseren Breiten angesiedelt waren (bis ca. 488), wurden Kirchen in der “Provinz” aus Verbundenheit mit der Hauptstadt öfters diesem angesehenen Heiligen geweiht, wie etwa die altehrwürdige Basilika in Enns-Lorch (OÖ.). Wenn man nun bedenkt, dass die Umgebung von Lenzing nachweis-lich römisch besiedelt war (vgl. den Gutshof in Wiesersberg mit dem erst in jüngster Zeit entdeckten Fresko), ist ein spätantiker Ursprung der Kirche (etwa 5. Jhdt.) nicht auszuschließen.
Leben und Wirken des hl. Laurentius sind uns Mahnung und Ermutigung, nicht an den irdischen Gütern zu hängen, sondern Schätze im Himmel zu sammeln, wo weder Motte noch Wurm sie zerstören (vgl. Mt 6,20). Der Dienst am Benachteiligten, Kranken, Armen – auch mit Geldmitteln – ist letztlich Dienst an Christus. Und mit dem Heiligen tritt uns “ein treuer Verwalter” vor Augen, der “an der Freude seines Herrn” (vgl. Mt 25,21) teilnehmen darf.
Text: Herbert Berndl
Ab dem 17. Jhdt. scheint der hl. Benno statt des hl. Laurentius bzw. neben ihm als Patron der Lenzinger Kirche auf. Das ist aus zwei Gründen bemerkenswert; denn erstens ist es nicht üblich, das Patrozinium eines Gotteshauses zu ändern, und zweitens erfreut sich der hl. Benno in unseren Breiten keiner großen Bekanntheit. Wie kommt Lenzing dann zum Benno-Patrozinium?
Prof. Schwaiger bietet in der Saalfeldner Chronik (S. 175/176) zwei mögliche Antworten auf diese Frage an: Vielleicht hat Bischof Berthold Pürstinger (1465-1543), der seinen “Ruhe-stand” bekanntlich in Saalfelden verbrachte und die Heiligsprechung Bennos erlebte, dessen Verehrung gefördert, oder es war der 1614-1627 in Saalfelden amtierende Dechant Georg Tau-scher. Dieser stammte nämlich aus München, wo Benno als Schutzpatron verehrt wird.
Dort hat der Heilige aber nie gewirkt. Denn Benno, geboren um 1010 in Hildesheim, wurde 1066 Bischof von Meißen an der Elbe. Als solcher bemühte er sich um die Christianisierung der ringsum wohnenden slawischen Bevölkerung, gleichzeitig setzte er sich (ähnlich wie der Gerlinger Kirchenpatron Gotthard oder der Salzburger Erzbischof Gebhard) für die innere Reform der Kirche ein. In der Auseinandersetzung zwischen Papst und Kaiser um die Befugnis zur Einsetzung der hohen Geistlichen (“Investiturstreit”) war er daher auch treuer Gefolgsmann des Papstes.
Somit kam er freilich in Konflikt mit Kaiser Heinrich IV., der ihn von seinem Bischofssitz vertrieb.
Daran knüpft die Legende von den Domschlüsseln: Als Benno Meißen verließ, soll er die Schlüssel seiner Bischofskirche in die Elbe geworfen haben. Als er nach vielen Jahren zurückkehren konnte, fand man die Schlüssel im Bauch eines Fisches wieder, den man im Fluss gefangen hatte. Daher ist der Fisch bzw. der Schlüssel das Attribut (=Kennzeichen) des Heiligen, so auch auf dem Barockaltar der alten Lenzinger Kirche.
Benno starb 1106 in hohem Alter. Seine Heiligsprechung 1523 rief den erbitterten Widerstand Martin Luthers hervor. Denn er und die anderen Reformatoren fürchteten bei der intensiven Heiligenverehrung, dass man dabei das Wichtigste aus den Augen verlor: Gott ist der Geber alles Guten, ihm gebührt in erster Linie Anbetung, Lobpreis und Dank. Und der rechte Gottesdienst besteht nicht im Vollbringen vieler Tätigkeiten und Leistungen (Gebete, Wallfahrten, Geldspenden, Bußübungen), sondern darin, aus innerer Dankbarkeit Gutes zu tun, und zwar auf Grund der Gnade, die wir von Gott erfahren.
Als sich die Reformation in Ostdeutschland gänzlich durch-setzte, brachte man die sterblichen Überreste Bennos auf Bitten des bayerischen Herzogs nach München und stellte sie 1580 in der Frauenkirche zur Verehrung aus. Seit damals gilt Benno als Patron von München und ganz Bayern.
Für uns heute sind sein Leben und Wirken Mahnung und Ermutigung zu Eifer, Ausdauer und Beharren im Guten – auch gegen Widerstände, die uns aus unserer Umwelt entgegenwehen. Damals waren es die weltlichen Machthaber, heute mögen es der “Zeit-geist” und die ablehnende oder ignorante Haltung gegenüber Gott und der Kirche sein.
Die Umstände von Bennos Heiligsprechung rufen uns zu ökumenischer Gesinnung auf. Viele Schritte in diesem Anliegen wurden schon gesetzt. Weiterhin aber müssen wir uns auf das Wesentliche besinnen und das Verbindende über das Trennende stellen – oder auch gelegentlich einsehen, dass “die anderen” der Wahrheit näher sind als wir.
Text: Herbert Berndl